Achtung Achtung!

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Ein Erfahrungsbericht - Autistin (Langfassung)

ich bin autistin und lebe ohne therapien in freiheit. ich lehne therapien ab da ich der meinung bin autismus muss nicht behandelt werden, habe mich vom ATZ und jeglichen anderen einrichtungen losgesagt und bin ausgezogen, wohne jetzt alleine. niemand hätte das jemals geglaubt. und das geht nur weil ich eben KEINE therapien mehr mache und einfach ich sein kann. ob das nun sprechend oder nichtsprechend ist ob das nun "auffällig" oder unauffällig ist. ich bin einfach ich selbst.
und ich möchte anderen mut machen es auch zu wagen. unterstütze andere autisten dabei sich zu befreien aus den ganzen strukturen die für autisten geschaffen werden um diese zu dressieren. das is doch wirklich vergleichbar mit hundeschulen.
ich bin kein dressierbares tier und ich will auch nicht so behandelt werden! ich habe für mich selbst gelernt zurecht zu kommen, für manches brauche ich eine asisstenz und das alleine wohne war von anfang an ein abenteuer aber es hat sich gelohnt !
leider werden autisten sehr oft falsch eingeschätzt weil man handlungen nicht einordenen oder verstehen kann. meine mutter hat immer vieles falsch gedeutet. zb dachte man auch oft dass ich abwesend bin und nichts mitbekomme dabei habe ich alles gehört und wahrgenommen und analysiert und beobachtet und war gar nicht "weggetreten" und auch wenn ich nur rumguckte und gelangweilt aussah.. war mir nicht langweilig.

gedanken

ich kann nicht mehr.
ich kann so nicht mehr leben.
ich will dass sie mich ernst nehmen
dass ich auch mal eine meinung haben darf zu etwas
dass nicht immer das gemacht wird was andere wollen
dass ich nicht mehr etwas tun muss was erwartet wird
obwohl ich das gar nicht will.
ich will nicht lernen wie es ist nicht-autistisch zu sein.
denn ich bin autistisch. lasst mich in ruhe.
ich bin lieber tot als so weiter zu leben.
mit den therapien und den versuchen "mir die welt zu erklären"
ich will das nicht hören. ich will einfach ich selbst sein.
bringt mich nicht mehr irgendwo hin. lasst mich gehen wohin ich will
sagt mir nicht mehr wann ich was zu machen habe.
ich will auch frei sein. ihr seid doch auch alle frei. warum darf ich nicht?
das ist kein lebenswertes leben. da ist ein dasein. das hab ich nicht verdient.
auch wenn ihr glaubt es gut zu meinen
auch wenn ihr "die besten absichten habt"
gut gemeint ist oft das gegenteil von gut!
lasst mich selbst entscheiden ob ich die therapien will ob ich die überhaupt brauche!
und sperrt mich nicht in heim nur weil ich nicht spreche. bitte.
und auch nicht weil ich aus eurer sicht "komische sachen" mache.
wenn ich aggressiv bin und mir weh tue oder um mich schlage
dann denkt mal darüber nach ob ich das mache weil ich autistisch bin
oder ob das ist weil man mich blockiert und mir dinge aufzwingt.
meine ausbrüche sind schreie dass ich nicht mehr kann.
ich bin nicht wie ihr aber ich kann ganz viel wenn man mich lässt.

und dann hab ich so lange gekämpft auch gegen meine eltern und die behörden bis ich nicht ins heim musste..
man wollte mich über das ATZ in ein heim vermitteln alle haben zusammen gearbeitet um mich abzuschieben. das war schlimm.
sie meinten ich würde in der welt nicht zurecht kommen.. würde nicht verstehen und könnte nicht alleine bleiben. weil ich nicht auf mich aufpassen kann, weil ich einfach vor ein auto laufen würde. weil ich nicht weiß wie man einen alltag haben kann.. weil ich nicht vorsichtig bin.

ich bin letztes jahr ausgezogen als ich das verfahren gewonnen hatte… und dann hatte ich viele fragen, wie geht das wie benutzt man das was ist das was macht man damit wo geht das an.. es war alles neu für mich. aber ich konnte das alles tippen und fragen und dann verstand ich. habe sehr viel gelernt.
es ist so wie wenn man etwas isst was man nicht kennt vom geschmack her, du tust es in den mund und probierst hin und her und schmeckst. so hab ich die freiheit geschmeckt.
es war nicht einfach ich habe auch vieles "falsch" gemacht aber daraus gelernt und immer einen weg gefunden für mich. alleine. denn nur so konnte ich meine kompetenzen nutzen die schon verschüttet waren durch die therapien, die eigentlich autisten nur kaputt machen "zerbrechen" weil die meisten gar nicht wissen was autismus eigentlich wirklich bedeutet.
je nach dem was man kann und was nicht braucht man eine asisstenz um alleine leben zu können ich habe direkt eine beantragt über das persönliche budget, dabei kann auch die esh helfen..
die assistenz tut in meinem auftrag dinge. ich schreibe "ruf mal da an und sag das und das" weil ich das nicht kann und das tut sie. immer in meinem namen und nie über meinen kopf hinweg. das ist wichtig.

und es hat funktioniert. bei mir sind wir nach dem gegangen was möglich war und das wurde gemacht.
die esh hat da sehr viel ahnung was die behörden dinge angeht und dadurch habe ich auch das entmündigungsverfahren gewonnen. wir haben bewiesen dass auch autisten nicht unmündig sind.
ich habe als ich frei war angefangen zu mir zurück zu finden. ganz abseits von allen therapien und programmen. habe auch alles gekündigt… alle einzelfallhelfer usw. wollte ganz selbst bestimmt sein.

ich brauchte ein jahr freiheit um wieder etwas vertrauen zu können..
weil ich die ganze zeit sorge habe dass ich doch ins heim muss.. dass sie wieder versuchen autismus gegen mich zu verwenden. dass sie wieder so tun als verstände ich nichts. ich muss das gefühl haben auch mitspracherecht zu haben.
das war auch etwas schlimmes für mich. zu wissen/zu merken dass ich keine rechte habe. dass man über mich hinweg geht egal was ich will..
die therapien muss ich machen und sonst darf ich auch nichts entscheiden. das hat mich innerlich blockiert und ich wirkte nach außen weiter weg als vorher. das hat man als verweigerung gedeutet und es wurde noch schlimmer.

man weiß ja gar nicht, ob das A-kind es nicht auch so gelernt hätte auf seine weise. ohne therapien und betreuungen und einzelfallhelfer. autisten wird wenig zugetraut.

ich verständige mich jetzt anders als es mir im atz und bei den anderen therapien aufgezwungen wurde. und ich habe meinen eltern nach ihrem versuch mich zu entmündigen nicht mehr vertraut, auch weil sich vieles als falsch erwies, was sie über mich dachten und sich und allen anderen einredeten, dass ich dieses und jenes brauche um alleine leben zu können, wenn überhaupt.

leider wird auch über geldtöpfe der städte die das persönliche budget zahlen oder die behinderungs-ausweise austeilen vieles gebremst. so werden autisten in immer neue gutachten gesteckt und das persönliche budget sehr unangemessen ausgezahlt. autisten können damit gar nicht auskommen und damit beweisen die ämter dann dass man nicht alleine leben kann, dabei hatten sie durch das unangemessene auszahlen gar nicht erst die möglichkeit dazu.. haben schwierigkeiten im alltag weil ihnen ständig steine in den weg gelegt werden.
in der auswilderung wird versucht die umstände so anzupassen dass eine entfaltung der kompetenzen möglich ist. vielleicht das erste mal im leben der autisten überhaupt. wenn sie dann selbst merken was sie alles doch können.

ich wusste nicht dass ich das kann ich hatte nur den wunsch auch frei zu sein. wollte alles ausprobieren und die welt erleben und nicht weggesperrt irgendwo mein dasein fristen nur weil ich autistin bin. ich bin kein eierlegendes huhn.. an dem eine heimindustrie reich werden sollte.

eltern müssen sich nicht schämen für ein autistisches kind. wenn die autisten mal zeigen können was sie alles erreichen können ohne dass sie über die riesen steine die man ihnen in weg legt nicht hinweg kommen oder kaputt therapiert werden, dann wird auch die allgemeine meinung über autismus sich verändern.
wenn man als autist zu erkennen ist bedeutet das nicht dass alles stimmt was die fachleute über den autist sagen. im gegenteil. es herrscht ein großes nicht-wissen!

ich gehe gerne spazieren, bin aber noch nie angefahren worden oder festgenommen worden. meinen tag habe ich mit bilderkarten sichtbar gemacht damit ich weiß was ich als nächstes tue und bei überlastungen kann ich mich daran orientieren. ich habe selbst für mich rausgefunden wie mein tag am besten ist und halte mich daran. es funktioniert sehr gut und ich habe viele dinge gelernt und neue kompetenzen entwickelt.